Am 1. September 1948 versammelten sich die angeblich geladenen Gäste in der Lichthalle des Zoologischen Museums Koenig in Bonn. Dieses Gebäude war eines der wenigen, das nach dem Zweiten Weltkrieg nicht zerstört wurde. Hier begann der Parlamentarische Rat mit einer Eröffnungsfeier seine Arbeit. Der Rat hatte die Aufgabe, eine vorläufige Verfassung für den von den Westalliierten kontrollierten Teil Deutschlands auszuarbeiten.

Der Parlamentarische Rat sollte eine vorläufige Verfassung ausarbeiten. An der Feier nahmen Vertreter der Westalliierten, der Länder und des öffentlichen Lebens teil. Karl Arnold, der damalige Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens, begrüßte die Gäste mit den Worten: „Wir beginnen mit dieser Arbeit in der Absicht und dem festen Willen, einen Bau zu errichten, der am Ende ein gutes Haus für alle Deutschen werden soll.“

Zwei Monate zuvor, am 1. Juli 1948, hatten die Militärgouverneure den Ministerpräsidenten in den Westzonen die „Frankfurter Dokumente“ überreicht. Damit erhielten die Ministerpräsidenten der elf Bundesländer den Auftrag, eine verfassungsgebende Versammlung einzuberufen. Diese Versammlung sollte eine demokratische Verfassung ausarbeiten, in der die Grundrechte garantiert sind und ein föderaler Staatsaufbau vorgesehen ist.

Der Beschluss wurde bei der Sechs-Mächte-Konferenz gefasst, die vom 23. Februar bis 2. Juni 1948 in London tagte. Dort hatten die USA, Großbritannien, Frankreich und die drei Benelux-Staaten die „Londoner Empfehlungen“ verabschiedet: Dem deutschen Volk sollte schrittweise und mit Einschränkungen die volle Regierungsverantwortung übertragen werden. Eine gemeinsame Deutschlandpolitik der Siegermächte war zu dem Zeitpunkt unmöglich geworden. So sollte nun in Westdeutschland ein demokratischer Staat gegründet werden.

Die Ministerpräsidenten der Länder befürchteten, dass eine Verfassung nur für einen westdeutschen Staat die Teilung Deutschlands zementieren könnte. Deshalb beriefen sie statt einer verfassungsgebenden Versammlung nur einen Parlamentarischen Rat ein. Dieser sollte eine vorläufige Verfassung erarbeiten, das Grundgesetz.

Aufbauen konnte der Parlamentarische Rat auf einem Verfassungsentwurf, den 33 Fachleute beim Verfassungskonvent auf der Insel Herrenchiemsee im August 1948 erarbeitet hatten.

Nach der Eröffnungsfeier trat der Parlamentarische Rat in Bonn zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Zum Präsidenten wurde Konrad Adenauer (CDU) gewählt, der später Bundeskanzler wurde. Auch Theodor Heuss (FDP), der 1949 erster Bundespräsident wurde, und der bekannte Verfassungsrechtler Carlo Schmid (SPD) waren unter den Abgeordneten.

Dem Rat gehörten 65 stimmberechtigte Mitglieder an, darunter vier Frauen, die als „Mütter des Grundgesetzes“ bezeichnet wurden. Die Abgeordneten wurden zuvor in den Landtagen der westlichen Besatzungszonen gewählt. CDU/CSU und SPD stellten mit jeweils 27 Abgeordneten die größten Fraktionen.

Die Mitglieder des Parlamentarischen Rats waren geprägt von den Erfahrungen der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus. Sie alle fühlten sich der gemeinsamen Idee verpflichtet, eine freiheitliche demokratische Grundordnung zu schaffen, in der Freiheit, Gleichheit und Toleranz auf Dauer garantiert sind.

75 Jahre Grundgesetz: Am 23. Mai 1949 gab sich Deutschland das Grundgesetz. Dessen Anfang macht unmissverständlich klar: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ – ein Satz, der bis heute wirkt und Grundlage der Politik unseres Landes ist. Der 75. Geburtstag 2024 ist nun Anlass, in dieser Serie über die Entstehungszeit des Grundgesetzes zu berichten.

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